Politisches Bewusstsein und Handeln werden stark von den Kategorien Feind und Freund beeinflusst. Feindbilder, d.h. starke negative Vorurteile, sind zu unterscheiden von realen Feinden. Zu den wesentlichen Merkmalen ausgeprägter Feindbilder gehören negative Bewertung, Schuldzuschreibung, doppelter Standard und Entmenschlichung. Bei der Entstehung von Feindbildern können individuelle, soziale und politische Faktoren beteiligt sein. Feindbilder haben wichtige Funktionen: Sie erhöhen den individuellen und kollektiven Selbstwert und sie fördern die Eskalation und gewaltförmige Austragung von Konflikten. Zentrale Aufgaben beim Abbau von Feindbildern sind Erhöhung von Empathie sowie Kooperation. Eine wichtige Strategie könnte die Darlegung der psychischen, sozialen und materiellen Folgen von Kriegen sein.

Schlüsselwörter: Feindbild, Empathie, Entmenschlichung, Attribuierung, doppelter Standard, Medien, Propaganda, Selbstbild, Syrienkrieg, Putin

Prof. Dr. Gert Sommer

Geboren 1941 in Dortmund, Studium in Bonn und Freiburg. Promotion in Bonn, Habilitation in Heidelberg. Prof. für Psychologie mit Schwerpunkt Klinische Psychologie und Gemeindepsychologie (1977-2006) in Marburg. Mitglied der Krefelder Initiative. Mitbegründer der Interdisziplinären Arbeitsgruppe für Friedens- und Abrüstungsforschung (IAFA) der Philipps-Universität Marburg, Sprecher 1993-1995, 1997-1998. Mitbegründer des Forum Friedenspsychologie (vormals Friedensinitiative Psychologie*Psychosoziale Berufe), Vorsitzender 1986-2005, danach Ehrenvorsitzender. Vorstandsmitglied der interdisziplinären Zeitschrift „Wissenschaft & Frieden“ 1991-2014. Mitbegründer des „Zentrum für Konfliktforschung (CCS)“, Marburg, Mitglied des Direktoriums 2001-2016. Zahlreiche Publikationen zur Friedenspsychologie, insbesondere Feindbilder und Menschenrechte.