In Kriegs- und Krisenkontexten entwickeln 20-50% der Personen Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Diese ist durch drei Kernmerkmale definiert: Ungewolltes Wiedererleben des traumatischen Ereignisses, Vermeidung von Situationen oder Details, die an das Ereignis erinnern sowie Übererregung und Wahrnehmung einer anhaltenden gegenwärtigen Bedrohung. Verschiedene prä-, peri- oder posttraumatisch auftretende Risiko- und Schutzfaktoren beeinflussen die inter-individuelle Vulnerabilität. Das Leiden der Überlebenden an PTBS bedingt über verschiedene Mechanismen anhaltende Gewaltspiralen und damit Instabilität in Krisenregionen. Missbrauchs- oder Misshandlungserfahrungen in der Kindheit spielen eine wichtige Rolle für die Weitergabe von Gewalterfahrungen an nachfolgende Generationen. So besteht ein direkter Zusammenhang zwischen dem Schweregrad der PTBS und dem Auftreten von Aggression. Aufgrund der Übererregungssymptomatik fühlen sich Gewaltüberlebende bedroht und zeigen Schwierigkeiten in der Emotionsregulation. Im Kontext anhaltender Gewalt kann sich appetitive Aggression entwickeln. Diese ist mit Lust und Rausch bei Gewaltausübung assoziiert und wird als funktionale, emotionale Anpassung angesichts der massiven Brutalität in Konfliktregionen verstanden. Dieser positive Rauschzustand mit Kontrollverlust in Bezug auf die Ausübung von Gewalt beeinträchtigt die Reintegration und den Friedensprozess. Betroffene Personen sind dabei häufig zunächst Gewalt-Überlebende und nachfolgend Gewalt-Täter*innen. Aufgrund dieser Mechanismen sollte die Wiederherstellung psychischer Gesundheit in Kriegs- und Krisenregionen ein prominenter Bestandteil im Friedensprozess sein. Modelle zeigen, dass Versorgungsstrukturen auch in ressourcenschwachen Regionen aufgebaut werden können. Nur durch Einbezug der psychischen Gesundheit in die Friedensarbeit lassen sich Gewaltspiralen langfristig durchbrechen und Stabilität fördern.
Schlüsselwörter: PTBS, Trauma, Appetitive Aggression, Dissemination, Gewaltspirale,
Traumafolgestörung, Sekundärtraumatisierung, psychische Gesundheit