Folter bleibt ein globales Problem, das für die Psychologie viele Ansprüche und Aufträge auch außerhalb von Therapie und Beratung mitbringt. Psychologisches Wissen hilft dabei, klare Definitionen für Folter und erniedrigende Behandlung zu finden und zu aktualisieren, Folter erfassbar zu machen und so auch zur Prävention beizutragen. Dazu muss man verstehen, wie menschliche Bedürfnisse durch verschiedene Arten der Folter – physische, sexuelle und psychische – angegriffen werden. Um Menschen zu foltern, werden verschiedene Methoden zu einem folternden System kombiniert. Folter stellt eine Extremsituation dar, die für die Betroffenen direkte schwerwiegende psychische Wirkungen hat. Diese Extremsituation führt zu langfristigen Beeinträchtigungen, wie psychischen Störungen sowie Veränderungen in Verhalten, in Kognition und im neurovegetativen Nervensystem. Auch die psychosoziale und die soziale Situation der Betroffenen und deren Angehörigen verschlechtern sich in den meisten Fällen. Folter erfassbar zu machen und zu einer aktuellen Definition von Folter beizutragen ist eine weitere wichtige Aufgabe, für die auch psychologisches Fachwissen benötigt wird. Zusätzlich ist es wichtig nachzuvollziehen, warum Menschen andere Foltern. In diesem Sinne muss sich die Psychologie verstärkt dafür einsetzen, dass durch sie gewonnenes Wissen nicht missbraucht wird, wie in der Vergangenheit geschehen. Der APA-Skandal und die Operative Psychologie des Ministeriums für Staatssicherheit sind Beispiele für den Missbrauch psychologischen Wissens. Im vorliegenden Artikel werden Kontaktpunkte zwischen Psychologie und Folter vorgestellt und deren aktueller Status diskutiert.

Schlagwörter: Folter, grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung, Extremtraumatisierung, APA-Skandal, politische Gefangene, operative Psychologie, Psychologiemissbrauch, Erfassung von Folter, psychosoziale Folgen


Hannah Daria Nussmann



Hannah Daria Nussmann, M.Sc. Psychologie (*1993), ist wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Fachhochschule Dortmund und arbeitet an einer kooperativen Promotion mit der Fachhochschule Dortmund und der Friedrich-Schiller-Universität Jena. Ihr Promotionsthema ist psychische Gewalt in der Deutschen Demokratischen Republik, mit Schwerpunkt auf Ansätze psychischer Folter, Repression und Traumaverarbeitung. Weitere Arbeitsschwerpunkte sind Verwertungen der akademischen Psychologie der DDR und Ausprägungen sowie Folgen psychischer Gewalt.